Nur 17,7 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner berichten von einem erhöhten Arbeitsaufkommen infolge der COVID-19-Pandemie. 57,2 Prozent geben dagegen an, dass sie seit März weniger zu tun haben. Etwa ein Viertel der Befragten bezeichnete das Arbeitsaufkommen als unverändert. Dass eine Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte weniger Arbeit als üblich hatte, liege daran, dass seit Mitte März kaum noch planbare Operationen in den Krankenhäusern stattgefunden haben, auch das Notfallgeschehen sei zurückgegangen, so Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes.
Zehn Prozent der Befragten sind sogar von Kurzarbeit betroffen, bei 90 Prozent ist das nicht der Fall. Die meisten der Ärztinnen und Ärzte in Kurzarbeit arbeiten in Rehakliniken (54 %) und im ambulanten Sektor (32 %). Die Arbeitszeit der Betroffenen wurde meist bis zu 50 Prozent reduziert.
Mehr Regelversorgung, aber Klinikbetrieb nicht auf volle Leistung bringen
Recht eindeutig fällt auch die Antwort der Teilnehmenden auf die Frage aus, ob jetzt wieder mit der Regelversorgung begonnen werden sollte. Mehr als zwei Drittel der angestellten Ärztinnen und Ärzte (69,5 %) befürworten eine Rückkehr zur Regelversorgung; 16,3 Prozent sind dagegen und 14,2 Prozent haben sich dazu noch keine Meinung gebildet. „Ich denke, man sollte langsam den Klinikbetrieb hochfahren, aber nicht auf volle Leistung, damit bei einer möglichen 2. Infektionswelle das System nicht überlastet wird“, heißt es in einem Kommentar zur Umfrage.
Die Einschätzungen der Ärztinnen und Ärzte zur aktuellen Lage und zum weiteren Verlauf driften dagegen deutlich auseinander. „Die Abläufe werden wohl über einen längeren Zeitraum erschwert sein durch weiterhin notwendige Isolierungsmaßnahmen. Es wird eine Herausforderung sein, das in den normalen Klinikalltag zu integrieren“, schreibt beispielsweise eine Person. „Kranke sollten Vorrang vor potentiellen, aktuell nur hypothetischen Patienten haben“, mahnt eine andere. „Ich denke, die Bevölkerung nimmt die Situation aufgrund der guten Zahlen in Deutschland nicht mehr ernst genug“, heißt es in einer Freitextantwort. „Wichtig scheint mir unseren aktuellen Vorsprung nicht durch zu frühe Lockerungen wieder zu verspielen.“
Schutzmasken und -kleidung sind weiterhin Mangelware
Kritisch gesehen wird weiterhin die Versorgung mit adäquater Schutzausrüstung. Zwar teilen 62 Prozent der Befragten mit, derzeit ausreichend mit Schutzkleidung zur Versorgung von Patientinnen und Patienten ausgestattet zu sein, 38 Prozent aber verneinen dies. Am häufigsten wird die unzureichende Anzahl an medizinischen Atemschutzmasken (FFP-2- und FFP-3-Masken) beklagt. Einen größeren Mangel scheint es auch bei Schutzkitteln und Schutzanzügen zu geben.
Um ein aktuelles Bild der Lage zu erhalten, hatte der Marburger Bund in der Zeit vom 29. April bis 10. Mai eine Ad-hoc-Umfrage durchgeführt, an der insgesamt 8707 Mitglieder teilnahmen. Ein Drittel der Teilnehmenden (33 %) ist in kommunalen Krankenhäusern angestellt, jeweils etwa 15 % sind in Universitätskliniken, in Kliniken in kirchlicher Trägerschaft und in Krankenhäusern privater Betreiber tätig. Etwa 9 Prozent arbeiten im ambulanten Sektor. Die Ergebnisse der Befragung wurden am 13. Mai veröffentlicht und im Rahmen einer Online-Pressekonferenz präsentiert.