Geschichte

Von den Anfängen bis zur Gegenwart – die Geschichte der Ärztekammer Berlin

Die Geschichte der Ärztekammer Berlin beginnt 1962. Die Geschichte der Berliner Ärzt:innenschaft reicht deutlich weiter zurück:

  • Bis Mitte des 17ten Jahrhunderts unterlagen Ärzte keinen einheitlichen Regeln, ihrer fachlichen Fähigkeiten wurden über die Universitäten geprüft. Allerdings war die Ausübung der Heilkunde nicht nur auf Ärzte beschränkt: Auf den Straßen und Plätzen boten auch Bader, Barbiere, Wundärzte, Okkultisten und andere Heiler aller Art ihre Dienste an.

  • 1661 ergriffen Ärzte aus der Mark Brandenburg die Initiative und traten an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. mit der Bitte heran, dem Wirken der überall tätigen Heiler ordnend entgegenzutreten. 

  • 1685 erließ der Große Kurfürst das Preußische Medizinaledikt und setzte damit ein „Collegium Medicum“ – eine Art Medizinbehörde – ein, die die Berufstätigkeit von Ärzten und anderen Heilern unter staatliche Kontrolle stellte.

  • 1725 wurde das Edikt präzisiert und verschärft. Es enthielt nun eine feste Approbations- und Gebührenordnung, regelte die Rechte und Pflichten der Heilberufe untereinander und gab erstmals einheitliche Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen vor.

  • 1872 schlossen sich die Ärzte zu Standesorganisationen zusammen und gründeten unter anderem den Ärztevereinsbund und den Deutschen Ärztetag.

  • 1887 erfolgte in allen preußischen Provinzen die flächendeckende, gesetzlich legitimierte Einführung von Ärztekammern. Für Berlin und Brandenburg gab es zunächst eine gemeinsame „Ärztekammer für die Provinz Brandenburg und die Stadtgemeinde Berlin“. Die Aufgaben der Kammer waren zunächst auf den kollegial-wissenschaftlichen Austausch, die Beratung aller Fragen zur ärztlichen Berufsausübung und des öffentlichen Gesundheitswesens sowie auf die Entwickelung einer Standesordnung begrenzt.

  • 1900 trat nach langem Kampf der Ärzteschaft ein Gesetz in Kraft, das die Ärztekammern auch institutionell stärkte: Sie erhielten ein Umlagerecht zu ihrer Finanzierung und bekamen die Befugnis, über Ehrengerichte gegen Kollegen vorzugehen, die gegen die Standesordnung verstießen. Diese Möglichkeit erstreckte sich jedoch nur auf niedergelassene Ärzte, Kollegen, die als Medizinalbeamte in staatlichen Einrichtungen tätig waren, fielen nicht unter die Berufsaufsicht der Kammern – eine Tatsache, die heute noch gilt – obwohl auch diese Ärzt:innen Kammermitglieder sind.

  • 1924 beschloss der Ärztetag in Bremen erstmals "Leitsätze zu Facharztfragen". Als Facharztbezeichnungen wurden aufgeführt: Chirurgie, Frauenkrankheiten und Geburtshilfe, Orthopädie, Augenkrankheiten, Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Erkrankungen der Harnorgane (Urologie), Nerven- und Geisteskrankheiten, Röntgen- und Lichtheilkunde, Zahn-, Kiefer- und Mundkrankheiten (dazu Approbation als Zahnarzt nötig), Innere Medizin (einschließlich Nervenkrankheiten), Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten, Lungenkrankheiten (Erkrankungen der Luftwege), Kinderkrankheiten.
    Die Spezialisten wurden verpflichtet, sich auf ihr Spezialgebiet zu beschränken, dieses anzukündigen und sich hausärztlicher Vollarzttätigkeit künftig zu enthalten. Prüfungen gab es seinerzeit noch nicht; die Kammern erkannten eine Spezialisierung dann an, wenn eine bestimmte Weiterbildungszeit bei einem Spezialisten absolviert wurde.

  • 1926 erhielten die Ärztekammern in Preußen den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts, was mit einer Pflichtmitgliedschaft aller Ärzt:innen in einer Kammer des jeweiligen Zuständigkeitsbereichs verbunden war. Die Kammern hatten die Einhaltung der Berufspflichten zu überwachen, besaßen dafür ein begrenztes Disziplinarrecht, organisierten den wissenschaftlichen Austausch, die Fortbildung von Kollegen und die Anerkennung von Facharztbezeichnungen.

  • 1936 trat die Reichsärzteordnung der Nationalsozialist:innen in Kraft. Mit ihr entstanden eine für das ganze Reich zuständige Reichsärztekammer und eine Kassenärztliche Vereinigung.

  • 1945 wurden alle Berufsorganisationen als nationalsozialistisch infiltriert verboten, das galt auch für die Ärztekammern.

Durch die Teilung Deutschlands entwickelte sich die Organisation der Ärzt:innenschaft in Ost und West unterschiedlich:

  • In der DDR gab es keine Ärztekammern. Das staatliche Gesundheitswesen und die Gewerkschaft (FDGB) nahmen über Kreis- und Bezirksärzte alle Aufgaben der Qualitätskontrolle ärztlicher Fachabschlüsse wahr.
     
  • In West-Berlin erfolgte die Neugründung einer Ärztekammer – anders als in den anderen Landesteilen Westdeutschlands – vergleichsweise spät. Das lag zum einen am politischen Sonderstatus der Stadt und zum anderen am starken innerärztlichen Widerstand gegen eine Pflichtorganisation.

    Am 26. September 1961 trat das Kammergesetz für West-Berlin in Kraft.
    Am 12. Dezember 1962 wurde die erste Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin gewählt.
    Am 7. Februar 1963 fand die konstituierende Sitzung mit Vorstandswahlen statt.

    Damit ging die Ärztekammer Berlin als letzte Landesärztekammer der jungen Bundesrepublik an den Start. Ihre Aufgabe umfasste vor allem die Überwachung der ärztlichen Berufspflichten, die Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Berufsverhältnis, das Führen eines Berufsverzeichnisses, die Berufsausbildung und Prüfung von Hilfspersonal der Kammerangehörigen sowie das Erlassen von Berufsordnungen und Facharztordnungen.

    1968 wurde auf dem Deutschen Ärztetag in Wiesbaden die bis dato umfangreichste Musterweiterbildungsordnung erlassen. Für alle Facharztbezeichnungen wurden Richtlinien vorgesehen, an deren Katalogen sich die Weiterbildungsbefugten orientieren mussten. Erstmals wurde nun auch eine Verpflichtung zu einer mündlichen Prüfung festgelegt. Auch Subspezialisierungen als sogenannte Teilgebiete wurden darin erstmals definiert.

    1978 wurde das Berliner Gesetz über die Weiterbildung von ärzten Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern, Psychologischen Psychotherapeuthen und Kinder- und Jugendpsychozjerapeuten erlassen. Es regelt detailliert die ärztliche Weiterbildung und die diesbezügliche Zuständigkeit der Ärztekammer Berlin.

 

Nach der Wiedervereinigung wurden auch in den neuen Bundesländern Ärztekammern gegründet. Die Ärzt:innen aus dem Ostteil Berlins wurden zum 3. Oktober 1990 kraft Gesetz Mitglied der Ärztekammer Berlin.

  • Im Dezember 1990 fand die erste gesamtberliner Kammerwahl statt. 29 der insgesamt 90 gewählten Vertreter der Delegiertenversammlung kamen damals aus dem Ostteil der Stadt, was dem Zahlenverhältnis in der Ärzt:innenschaft entsprach. Insgesamt gab zu diesem Zeitpunkt 20.034 Ärzt:innen in der Hauptstadt: 7.235 in Ost- und 12.799 in Westberlin.

  • 1991 lag der Fokus darauf, die Gesundheitsversorgung in ganz Berlin zu vereinheitlichen. Die Ärztekammer Berlin passte unter anderem die Strukturen der ärztlichen Weiterbildung in Ost und West an. Wegen des höheren Arbeitsaufkommens durch den Mitgliederzuwachs wurde die Zahl der Weiterbil - dungsausschüsse von fünf auf sieben erhöht.

  • 1998 wurde durch eine Kammergesetzänderung die Mitgliederzahl der Delegiertenversammlung von vorher 90 auf 45 reduziert. Ein weiterer Sitz ist seitdem einem Vertreter der Universität vorbehalten.

  • Im Juli 2001 erfolgt in der Friedrichstraße 16 die Grundsteinlegung für den Neubau des ersten eigenen Verwaltungsgebäudes der Ärztekammer Berlin. 

  • 2003 verabschiedete die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin eine neue Fortbildungsordnung: Die Zertifizierung der Fort bildung wird zur Regelaufgabe. Alle Veranstaltungen werden mit Punkten versehen. Das vom Gesetzgeber verlangte Fortbildungszertifikat erhält, wer in drei Jahren 150 beziehungsweise in fünf Jahren 250 Punkte sammelt.

  • 2008 war die Berliner Ärztekammer die erste in Deutschland, die ein Critical Incident Reporting Systems (CIRS), ein regionales Netzwerk gründete, das die Einrichtung von Fehlermeldesystemen in Kliniken unterstützt.

  • 2011 wurde erstmals eine 12-köpfige Vertreterversammlung der Berliner Ärzteversorgung gewählt. Dieses neue Legislativ-Organ war aufgrund einer Novelle des Berliner Heilberufegesetzes notwendig geworden.

  • Im September 2021 beschließt die Delegiertenversammlung mit großer Mehrheit die neue Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin. Der Beschluss ist das Ergebnis eines langen Reformprozesses.

 

Über 50 Jahre Ärztekammer Berlin

Mehr als 50 Jahre im Dienst von Ärzt:innen und Patient:innen: Ein Rückblick auf die eigene Geschichte zeigt, wo wir herkommen, und unterstützt bei der Antwort auf die Frage, wo wir hin wollen. Lesen Sie hier die Festschrift sowie den Jubiläumsrückblick aus der Februar-Ausgabe 2013 der BERLINER ÄRZTE. 

Festschrift "50 Jahre Ärztekammer Berlin"
BERLINER ÄRZTE, 02/2013