Sie sind leicht zugänglich, schnell und verleiten oft auch zu einem riskanten Fahrstil, sodass seit ihrer Einführung vermehrt Unfälle zu beobachten sind. Die Charité – Universitätsmedizin Berlin hat die Gründe dafür analysiert, die Arten der Verletzungen untersucht und die ersten Ergebnisse der Fallserie in der Fachzeitschrift „Notfall + Rettungsmedizin“* veröffentlicht.
Im Berliner Stadtzentrum sind den Angaben zufolge seit Mitte Juni vergangenen Jahres über 3.000 E-Scooter unterwegs. Bei den auch als elektrische Tretroller bekannten Fahrzeugen besteht derzeit keine Helmpflicht und ihre Benutzung ist bereits ab dem 14. Lebensjahr zugelassen. Da sie eine Geschwindigkeit von bis zu 20 Kilometer pro Stunde erreichen können, sind sie ausschließlich auf Straßen und Radwegen erlaubt.
Doch worin liegen die größten Gefahren des Trendvehikels? Das Team um Prof. Dr. Martin Möckel, Ärztlicher Leiter Notfall- und Akutmedizin am Campus Charité Mitte und am Campus Virchow-Klinikum, untersuchte im Zeitraum von einem Monat alle Patientinnen und Patienten, die nach E-Scooter-Unfällen in den Zentralen Notaufnahmen der Charité am Campus Charité Mitte und am Campus Virchow-Klinikum behandelt wurden. Dabei stellten sich die Patienten entweder selbstständig vor oder wurden mit dem Rettungsdienst eingeliefert. Die Untersuchungsergebnisse und die therapeutischen Maßnahmen wurden standardmäßig dokumentiert. Darüber hinaus wurden allen Verletzten Fragebögen ausgehändigt, in denen demografische Angaben, Erfahrung im Straßenverkehr sowie Führerscheinbesitz und Fahrverhalten abgefragt wurden.
Die Expertinnen und Experten untersuchten laut Charité im Monat Juli insgesamt 24 Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 12 und 62 Jahren. Sie stellten fest, dass über die Hälfte männlich waren. 14 Patienten waren jünger als 30 Jahre, 4 von ihnen waren unter 18. 10 Patienten gaben an, ihren Wohnsitz in Berlin zu haben, die anderen waren Touristen. Von den Untersuchten hatten weniger als die Hälfte einen Führerschein, rund ein Drittel hatte zuvor mindestens einmal einen E?Scooter genutzt. Die Befragung ergab, dass die Unfallursachen häufig Unachtsamkeit, Verstöße gegen die Verkehrsregeln und Geschäftsbedingungen, aber auch eine eingeschränkte Verkehrstauglichkeit waren. Prof. Möckel zu den Ergebnissen: „Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Fahren von E?Scootern im Großstadtverkehr hinsichtlich der Häufigkeit und Schwere der Verletzungen mit dem Fahrradfahren mindestens vergleichbar ist.“
Die Erhebung verdeutlicht, dass zu den fahrzeugtypischen Verletzungen beispielsweise Risswunden am oberen Sprunggelenk, Frakturen der oberen Extremitäten und Kopfverletzungen gehören. So erlitten über 54 Prozent der Patienten Kopfverletzungen. Dabei handelte es sich meist um leichte Prellungen mit Schürfwunden. Vier der 24 Patienten wiesen leichte Schädel-Hirn-Traumata auf. Die gehäuften Weichteilverletzungen an den unteren Extremitäten im Bereich des oberen Sprunggelenks wurden durch das unachtsame Antreten des E?Scooters verursacht. „Mit unserer ersten Fallserie wollten wir zeigen, was die für E?Scooter typischen Verletzungsmuster sind, mit denen insbesondere Notärzte, Notfallmediziner und Chirurgen zukünftig konfrontiert sind“, fügt Prof. Möckel hinzu. Derzeit wird eine prospektive Fall-Kohorten-Studie an der Charité und am Bundeswehrkrankenhaus Berlin zur genaueren Analyse von Verletzungsmustern und deren Konsequenzen durchgeführt.
*Uluk, D., Lindner, T., Palmowski, Y. et al. E-Scooter: erste Erkenntnisse über Unfallursachen und Verletzungsmuster. Notfall Rettungsmed (2020). https://doi.org/10.1007/s10049-019-00678-3