Berufsrecht

Die Berufsordnung der Ärztekammer Berlin, Hinweise zu ihrer Durchsetzung sowie FAQs, Merkblätter und Beiträge zu wichtigen berufsrechtlichen Fragestellungen

Neues Ehegattennotvertretungsrecht

Am 1. Januar 2023 ist ein umfassend reformiertes Vormundschafts- und Betreuungsrecht in Kraft getreten. Es enthält u. a. für die ärztliche Berufsausübung relevante Regelungen zum sogenannten Ehegattennotvertretungsrecht. 

Ärztliche Aufklärungspflicht

Nach dem Behandlungsvertrag sollen Ärzt:innen Patient:innen vor der Behandlung umfassend über Diagnose, Therapiemöglichkeiten und mögliche Komplikationen aufklären.

Ärztliche Schweigepflicht

Die ärztliche Schweigepflicht schützt das im Grundgesetz verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie ist sowohl in den Berufsordnungen der Landesärztekammern als auch im Strafgesetzbuch geregelt.

Ärztliche Dokumentationspflicht

Die ärztliche Dokumentationspflicht wird durch unterschiedliche Rechtsvorschriften unabhängig voneinander geregelt, etwa nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Ärztekammer Berlin.

Hinweise

zur Gründung einer Privatpraxis

Hier möchten wir unseren Kammermitgliedern zusammenfassend einige Hinweise zur Praxisgründung und wichtigen mit der Praxisführung verbundenen Rechten und Pflichten geben.

Die Berufsordnung und ihre Durchsetzung

Die Berufsordnung – Ausdruck der Selbstbindung der Ärzteschaft

Die Berufsordnung wird auf der Grundlage des Berliner Heilberufekammergesetzes als Satzung von der Delegiertenversammlung (DV) beschlossen. Sie enthält die von allen in Berlin tätigen Ärztinnen und Ärzten bei ihrer Berufsausübung zu beachtenden Berufspflichten und Grundsätze über die Berufsausübung. Die Berufsordnung ist Ausdruck der von der Ärzteschaft sich selbst auferlegten Bindung im Hinblick auf die Art und die Begrenzung der ärztlichen Berufsausübung. Die Einschränkung der ärztlichen Berufsausübung durch die Berufsordnung findet ihre Grenzen im Grundgesetz (GG), insbesondere durch Artikel 12 Abs. 1 GG (Grundrecht der Berufsfreiheit).

Verhältnis der Berufsordnungen der Länder zur Musterberufsordnung

Die Berufsordnung beruht auf der vom Deutschen Ärztetag beschlossenen Musterberufsordnung in der jeweiligen Fassung. Durch die vom Deutschen Ärztetag beschlossene Musterberufsordnung, die kein geltendes Recht darstellt, wird gewährleistet, dass trotz landesgesetzlicher Regelungskompetenz in allen Bundesländern der Bundesrepublik ein weitgehend einheitliches Berufsrecht und damit weitgehend einheitliche Berufspflichten bestehen. Erst durch die Übernahme aller oder bestimmter Regelungen der Muster-Berufsordnung durch die Ärztekammer Berlin werden diese für die in Berlin tätigen Ärztinnen und Ärzte zu geltendem Recht. 

Geltungsbereich der Berufsordnung

Die Regelungen der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin gelten für alle Ärzt:innen, die in Berlin ärztlich tätig sind oder hier ihren Wohnsitz haben. Dies unabhängig davon, ob er oder sie selbständig, niedergelassen, im Krankenhaus tätig oder zum Beispiel bei einem betriebsmedizinischen Dienst angestellt ist. Die Grundsätze der Berufsordnung gelten auch für Ärzt:innen, die ihren Beruf zurzeit nicht ausüben. So gilt zum Beispiel die Schweigepflicht auch für Ärzt:innen, die bereits im Ruhestand sind. Die Frage der Geltung der Berufsordnung ist unabhängig davon, ob die Ärztekammer Berlin gemäß des Berliner Heilberufekammergesetzes die Berufsaufsicht über Kammermitglieder ausübt. Auch wenn der jeweilige Dienstherr die Berufsaufsicht, zum Beispiel über verbeamtete Kammermitglieder oder Soldatinnen und Soldaten ausübt, sind diese Ärzt:innen dennoch an die Berufsordnung gebunden. Die sich aus der Berufsordnung ergebenden Berufspflichten können in diesen Fällen lediglich nicht durch die Ärztekammer Berlin durchgesetzt werden. Dies obliegt in diesen Fällen dem Dienstherrn.

Durchsetzung der Berufsordnung

Berufsgerichtliches Verfahren

Durchgesetzt werden die Regelungen der Berufsordnung gegenüber den Kammermitgliedern über das berufsgerichtliche Verfahren, das im Einzelnen im Berliner Heilberufekammergesetz geregelt ist. Hiernach findet gegen Kammermitglieder und sogenannten EU-Dienstleister das berufsgerichtliche Verfahren statt, wenn sie ihre Berufspflichten verletzten. Im berufsgerichtlichen Verfahren kann erkannt werden auf

  1. Verweis,
  2. Geldbuße bis zu 100.000 Euro,
  3. Weisung, an einer bestimmten Maßnahme oder Fortbildung teilzunehmen und die Kosten hierfür zu tragen,
  4. Entziehung des aktiven und passiven Kammerwahlrechts,
  5. Feststellung der Unwürdigkeit zur Ausübung des Heilberufs.

Im letzteren Fall wird dies in der Regel zu Entziehung der Approbation führen. Das berufsgerichtliche Verfahren wird vor dem Verwaltungsgericht geführt. Es ist in der ersten Instanz durch zwei hauptberufliche und zwei ehrenamtliche ärztliche Richter:innen besetzt.

Rügeverfahren

Ist eine Berufspflichtverletzung festgestellt worden, die Schuld des Kammermitgliedes jedoch gering und die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich, kann die Kammer eine Rüge aussprechen. Die Rüge kann mit einer Auflage verbunden werden, einen Geldbetrag bis zu 10.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen und die Weisung enthalten, an einer bestimmten Maßnahme oder Fortbildung teilzunehmen. Zur Durchsetzung der Auflagen und Weisungen stehen der Ärztekammer die Mittel des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsvollstreckungsrechts zur Verfügung.

Rechtsfragen im Zusammenhang mit ärztlichen Bescheinigungen

Nach § 25 Satz 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin (identisch mit der Regelung in der Muster-BO) müssen Ärztinnen und Ärzte bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse mit der notwendigen Sorgfalt verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung aussprechen.

Entscheidend ist dabei, dass die in der Bescheinigung enthaltene Feststellung, Diagnose oder Verschreibung mit der notwendigen Sorgfalt erfolgt. Hierbei ist auch § 2 Absatz 2 und 3 BO zu beachten. Nach § 2 Absatz 2 BO haben Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift erfordert eine gewissenhafte Berufsausübung die notwendige fachliche Qualifikation und die Beachtung des anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. Ärztlich bescheinigt werden darf daher nur das, was die Ärztin oder der Arzt aufgrund eigener Wahrnehmung und Untersuchung festgestellt hat. Die Angaben Dritter oder der Patientin oder des Patienten dürfen daher nicht ohne Weiteres als ärztliche Feststellung in eine Bescheinigung übernommen werden.

Der anzulegende Sorgfaltsmaßstab wird zudem durch § 7 Absatz 4 BO konkretisiert. Hiernach beraten und behandeln Ärztinnen und Ärzte Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt. Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.

Nach einer Entscheidung des Berufsgerichts in Gießen aus April 2021 entspricht zum Beispiel die Behandlung eines Patienten, ohne persönlichen Kontakt und nur auf Grund eines über eine Webseite generierten Algorithmus nicht den ärztlichen Standards und widerspricht massiv dem Berufsbild eines gewissenhaft handelnden, der Gesundheit der Patienten verpflichteten Arztes (vgl. Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 28. April 2021 - 21 K 4779/19.Gl.B, noch nicht rechtskräftig).

Nach § 7 Abs. 4 Berufsordnung der Ärztekammer Berlin (identisch mit der Regelung in der Muster-BO) sollen Ärztinnen und Ärzte Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt beraten und behandeln. Gemäß Satz 3 der Vorschrift ist eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird. Die Regelung in § 7 Abs. 4 S. 3 BO legt Ärztinnen und Ärzten die Pflicht auf, im konkreten Einzelfall zu entscheiden, ob eine Fernbehandlung mit dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse vereinbar ist.

Die während der Corona-Pandemie im vertragsärztlichen Bereich befristet bestehende Möglichkeit der telefonischen Anamnese und Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit auf dieser Grundlage bei bekannten Patient:innen ist nach der Auffassung des OLG Hamburg eine Maßnahme der Risikominimierung in einer Ausnahmesituation. Daran lasse sich deutlich erkennen, dass eine Fernbehandlung in Form der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit nicht einmal in dieser Ausnahmesituation mit geringerem persönlichem Kontakt als einem Telefonat zulässig sein soll (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 5. November 2020 – 5 U 175/19 –, juris).

Das Arbeitsgericht Berlin folgt weiterhin einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1976 und geht davon aus, dass von einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeits­bescheinigung nicht mehr ausgegangen werden könne, wenn der Ausstellung keine Untersuchung vorausgegangen ist und mangels Patientenbeziehung auch eine Ferndiagnose ausscheidet. Es folgt im Übrigen der Entscheidung des OLG Hamburg zur Einordnung der Ausnahmeregelung während der Corona Pandemie im Vertrags­arztrecht (siehe oben). Das Arbeitsgericht misst daher Bescheinigungen, die ohne Arzt-Patienten-Kontakt erteilt worden sind, keinen ausreichenden Beweiswert zu. Das bedeutet, dass auf der Grundlage einer solchen Bescheinigung kein Entgelt­fortzahlungs­anspruch wegen Krankheit geltend gemacht werden kann (vgl. ArbG Berlin, Urteil vom 1. April 2021 – 42 Ca 16289/20 –, juris, noch nicht rechtskräftig). 

Das Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen hat in seiner Entscheidung vom 28. April 2021 einen Arzt zu einer Geldbuße verurteilt, weil er eine Arbeits­unfähigkeits­bescheinigung unterzeichnet hatte, ohne dass er vorher einen direkten Kontakt mit dem Patienten hatte. Der Patient hatte die Bescheinigung über die Homepage eines gewerblichen Anbieters auf der Grundlage eines Fragebogens zu seinen Symptomen bezogen (vgl. Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 28. April 2021 - 21 K 4779/19.Gl.B; noch nicht rechtskräftig).

Siehe zu dieser Thematik auch die Informationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu den Sonderregelungen im vertragsärztlichen Bereich.

Rechtsfragen im Zusammenhang mit der ärztlichen Approbation und der Berufserlaubnis

Die Approbation und die Berufserlaubnis werden von der im jeweiligen Bundesland zuständigen Approbationsbehörde erteilt. In Berlin handelt es sich dabei um das

Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo)
Turmstraße 21, Haus A
10559 Berlin
T +49 30 90 12 - 0

Die Ansprechpersonen und deren Sprechzeiten finden Sie auf der Website des Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo).

Nein. Die Approbation kann nur zurück genommen oder widerrufen werden, wenn hierfür jeweils die Voraussetzungen von § 5 Bundesärzteordnung (BÄO) gegeben sind.

Bei der Approbation handelt es sich um die zeitlich unbeschränkt gültige staatliche Genehmigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs in Deutschland. Die Approbation ermöglicht insbesondere die privatärztliche Niederlassung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Bundesärzteordnung (BÄO) verwiesen.

Die Berufserlaubnis ist dagegen eine befristete, inhaltlich beschränkbare und in der Regel auch beschränkte Genehmigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs.

Je nach Stand der Weiterbildung besteht die Möglichkeit der Bewerbung auf Assistenz:ärztinnen- oder Fach:ärztinnenstellen u.a. in Arztpraxen, im Krankenhaus, in Reha-Einrichtungen, im öffentlichen Gesundheitswesen, bei Behörden und in der Forschung. 

Wegen der inhaltlichen Beschränkungen der Berufserlaubnis ist eine Berufserlaubnis in der Regel für eine Praxisvertretung nicht ausreichend.

Eine Unbedenklichkeits­bescheinigung (Certificate of good standing), die Ärzt:innen in der Regel für eine ärztliche Tätigkeit im Ausland benötigen, stellt im Land Berlin ausschließlich das Landesamt für Gesundheit und Soziales als zuständige staatliche Stelle aus. Informationen zum Antragsverfahren erhalten Sie beim Landesamt für Gesundheit und Soziales.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales stellt eine solche Unbedenklichkeits­bescheinigung nach Vorlage verschiedener Unterlagen aus. Unter anderem wird eine Bescheinigung der Ärztekammer Berlin über die Daten der Mitgliedschaft bei der Ärztekammer Berlin sowie gegebenenfalls Daten zu hier vorliegenden Beschwerde­verfahren, berufsordnungs­rechtlichen Rügen oder berufs­gerichtlichen Verfahren benötigt. Hierzu können Sie sich telefonisch an die Sachbearbeiter:innen der Abteilung Berufsrecht der Ärztekammer Berlin wenden.